Interview Cantal Bakker

Pikala founder Cantal Bakker_Source Delphine Warin for Brigitte

Anschließend an den Blogpost „PIKALA Stadtführung in Marrakesch – Sightseeing der besonderen Art & soziales Engagement“ vom 24. April, habe ich mich mit Cantal Bakker – einer jungen Holländerin welche PIKALA gegründet hat – getroffen, um noch mehr Informationen über das Projekt, welches darauf hinarbeitet eine gesündere und sozial integrative Gesellschaft durch Fahrradnutzung zu erreichen, zu erhalten und es noch besser kennenzulernen.

Pikala founder Cantal Bakker posing with a bicycle_Source Sara Holmberg

In Mitten des historischen Zentrums Marrakechs befindet sich das PIKALA Fahrrad Atelier, in welchem junge Marokkaner zu Mechanikern ausgebildet werden und bei welchem Touristen an Fahrradtouren mit ausgebildeten marokkanischen Fahrradführern teilnehmen können.

PIKALA versucht Umwelt Probleme mit den sozialen Herausforderungen des Landes zu verknüpfen und arbeitet daraufhin ein finanziell nachhaltiges Projekt zu werden.

Lena: Cantal, kannst Du das Projekt PIKALA erklären? Wie hat es begonnen?

Cantal: PIKALA ist eine gemeinnützige Organisation welche die Fahrradnutzung in Marokko fördert. Wir nutzen Fahrräder als Mittel um Bildung zu schaffen, um Arbeitsplätze zu kreieren und um Lösungen für Umwelt- und Mobilitätsthemen zu finden.

Das erste Mal nach Marrakech kam ich Ende 2014 mit 2 Freundinnen und meinem Freund. Ich habe mich direkt in die Stadt verliebt, aber habe mich auch sehr eingeschüchtert und überwältigt von Marrakech gefühlt. Nach ein paar Tagen war ich sehr neugierig wie es denn sein könnte die Stadt mit dem Fahrrad zu erkunden. Ich wollte wissen, was es außerhalb der Stadtmauern zu sehen gibt, weit weg vom Tourismus. Daher haben mein Freund Erik und ich uns entschieden ein Fahrrad von einem Einheimischen zu „leihen“, da es zu diesem Zeitpunkt keinen Fahrradverleih in der Stadt gab.

Sobald wir anfingen zu radeln haben die Einheimischen Marrakechs mit uns interagiert und letztendlich wurden wir nicht mehr als Touristen angesehen. Wir waren den ganzen Tag unterwegs und haben verschiedene Teile Marrakechs erkundet. Endlich habe ich die Freiheit gespürt, nach welcher ich während meines gesamten Marrakechs Aufenthalts gesucht habe. Endlich war ich nicht mehr nur auf die Touristengegenden beschränkt.

Aber während meines Fahrradausflugs habe ich auch festgestellt, dass Marrakech ein riesen Problem hat. In der Stadt gibt es einen hohen Grad an Umweltverschmutzung durch die vielen Motorränder. Ebenso sind wir an vielen Jugendlichen vorbeigefahren, welche nur auf der Straße abhingen und nichts getan haben.

Und da habe ich ein enormes Potential erkannt: Was wäre, wenn ich ein Fahrradprojekt starten könnte, welches zum einen Touristen eine einzigartige und besondere Erfahrung schenkt und ich dann das erworbene Geld zur Unterstützung für die Einheimischen nutzen könnte? Darüber hinaus haben Fahrräder keinen guten Ruf in Marokko, da sie für Armut stehen – ein weiteres Potential für Wandel. Und so hat PIKALA angefangen.

Als ich zurück nach Holland reiste, hielt ich an der Idee fest und arbeitete während des gesamten Jahres 2015 an einem Unternehmenskonzept. Dann kam ich am 1. Januar 2016 nach Marrakech zurück um das Projekt zu starten.

Pikala Tour Palmeraie_Source Leonie Zaytoune

Lena: Das klingt sehr mutig. Wie lief es dann als Du zurück nach Marokko kamst?

Cantal: Ich hatte ja keine einzige Verbindung zu Marokko. Ich war nur einmal für eine Woche in Marrakech. Aber ich habe mir gedacht „wenn ich etwas Verrücktes machen möchte, dann ist jetzt die Zeit dafür“. Was wäre das Schlimmste was passieren könnte? Mein Projekt scheitert und ich muss zurück nach Holland – na und? Ebenso hatte ich diese große innere Motivation. Ich habe versucht so vielen Leuten wie möglich von meiner Idee zu erzählen und wann immer jemand gesagt hat sie sei lächerlich, wuchs meine Motivation und Ambition nur noch mehr und ich wollte es diesen Leuten beweisen.

Als ich 2015 an meinem Plan in Holland arbeitete, recherchierte ich zuerst viel über Marokko, über seinen Tourismus und die Kultur. Ich habe sogar gelernt wie man ein Fahrrad repariert. Ich wusste, dass ich ein nachhaltiges Projekt entwickeln wollte von welchem die Einheimischen profitieren können.

Mein Plan war folgender: Auf der einen Seite wollte ich eine Bildungswerkstatt aufbauen, in welcher Marokkaner lernen wir man Fahrräder repariert, und auf der anderen Seite einen Fahrradverleih mit jungen Marokkanern als Fahrradführer. Mein Freund war eine große Hilfe zu dieser Zeit: er half mir mit meinem Unternehmenskonzept.

Als ich dann 2016 zurück nach Marrakech kam, nahm ich mein Fahrrad mit und hatte eine klare Vorstellung in meinem Kopf wie ich die Idee umsetzen kann. Ich habe versuch mit so vielen Menschen wie möglich zu sprechen und meine Idee vorzustellen. Irgendwann fasste ich Fuß.

Heute wird PIKALA von vielen verschiedenen Seiten unterstützt. Die Tui Care Foundation finanziert einen großen Teil des Projekts und selbst die Holländische Botschaft beteiligt sich mit Geld- und
Güterspenden.

Pikala tour around the Souks_Source Edelweiss Magazine

Lena: Was ist das Besondere an PIKALA?

Cantal: PIKALA ist ein sehr positives Projekt. Wir erschaffen Bewegung: Menschen bewegen sich, lernen und arbeiten. Was auch sehr wichtig ist die soziale Inkludierung. Ich sehe diese als sehr wichtige Inhalte an, welche hoffentlich einen langanhaltenden positiven Wandel bewirken.

Darüber hinaus ist PIKALA ein nachhaltiges Projekt. Wir bilden Marokkaner aus und tun gleichzeitig was Gutes für die Umwelt. Wir sind eine Plattform, in welcher Jugendliche ersten Fuß im Berufsleben fassen können. Ebenso ist PIKALA ein Ort, an welchem Einheimische und Touristen miteinander interagieren. Das ist sehr besonders.

Pikala Team working on a laptop_Source Edelweiss Magazine

Lena: Hast Du einen Wandel gesehen, seit Du das Projekt gestartet hast?

Cantal: Zuerst hatte ich keine Ahnung wo ich mit dem Projekt hinwollte. Wie bereits erwähnt, hatte ich keinerlei Verbindung zu Marokko: Ich wusste nicht viel über die Kultur und sprach die Sprache nicht. Als ich also begann stand ich vor einigen kulturellen Hürden, welche mir vorher nicht bewusst waren. Diese haben mir Probleme, aber auch tolle Einblicke gebracht.

Heutzutage, durch viele Gespräche und Diskussionen mit meinem Team, habe ich meine Werte geteilt und implementiert – das hat geholfen. Doch das Projekt ist immer noch eine Reise. Die Idee wächst täglich und ich sehe immer mehr Potenzial – auf der ökologischen wie auf der sozialen Seite.

Pikala Marrakech_Source NOSADE

Lena: Was macht Dich heutzutage am glücklichsten mit dem Projekt?

Cantal: Ich bin rundum glücklich, wenn ich durch das Fahrrad Atelier gehe. Ich kann das Essen aus der Küche riechen, welches unsere Köchin Hanan für uns zubereitet, ich höre wie Diskussionen im Büro stattfinden, ich sehe Schüler, welchen beigebracht wird wie man ein Fahrrad repariert und sehe Touristen an der Rezeption welche von meinen Mitarbeitern Fahrräder erhalten, ich sehe wie die Kinder aus der Nachbarschaft mit den Hunden spielen.

Alles verschmilzt: Lernen, Arbeiten und Teilen – und das liebe ich!

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